Die eurasischen Berghunde

PDF-Print-Datei

 ? und eine Abkl?ung der Legenden ?er den ? gro?n Tibethund?                                       

Die eurasische Hochgebirgslandschaft vom Atlantik bis zum S?chinesischen Meer entstand ? wie die amerikanischen Kordillen ? vor 130 Millionen bis     500 000 Jahren w?rend der sog. Alpiden Faltung. Diese Gebirge sind also die j?gsten Gebirge der Welt, noch nicht abgeschliffen von Wind und Wetter der Weltgeschichte, hoch und schroff, mit Gipfeln, die weit ?er die Baumgrenze hinein ins ewige Eis ragen.

Die Alpide Faltungskette in Eurasien erstreckt sich von Westeuropa bis nach Ostasien. Sie zieht von den Pyren?n ?er die Alpen und im n?dlichen Bogen ?er die Karpaten, den Kaukasus und das Elbus Gebirge zum Hindukusch. Der s?liche Bogen f?rt ?er die Alpen ?er den Balkan, das Pontische Gebirge und die Taurus-Berge zum Zagros-Gebirge und ?er Pamir und das Hochland von Afghanistan ebenfalls bis zum Hindukusch. Von dort aus ziehen drei Gebirgsketten weiter nach Osten. Die beeindruckendste ist die s?liche Kette des Himalaya, die sich ?er Hinterindien bis in die s?ostasiatische Inselwelt hinzieht. Die n?dliche Kette, das Tien-schan-Gebirge, stellt die Verbindung zu den uralten Gebirgslandschaften S?sibiriens her, zum Altai, zum Kentei-Gebirge. Die mittlere Kette umfa? das gesamte Hochland von Tibet.

Kailasch, aus der Hochebene gesehen

Im Windschatten der Gebirge, da, wo die Wolken nicht mehr abregnen, haben sich weite Trockengebiete entwickelt: die Grassteppen in Kasachstan, in der Ukraine, in Anatolien und die Trockensavannen des Mittelmeergebietes. Und es sind riesige, lebensfeindliche Halb- und Sandw?ten entstanden: die Kara Kum und Kisil Kum in S?russland, die Gro? Salzw?te und die W?te Wu Lut im Iran, das Tarim-Becken und die W?te Gobi in China und der Mongolei.

Die gesamte eurasiatische Hochgebirgslandschaft ist eine Landschaft der krassesten Gegens?ze: Es gibt W?ten und feuchte Nebelw?der, Hochgebirgsweiden und subtropische Hartlaubgeh?ze. Es gibt Gegenden mit ewigen Fr?ling, ewigen Hochsommer, ewigem Winter. Es gibt Gegenden, da ist es mal Hoch-Sommer, mal Eis-Winter. Und die Tagestemperaturen schwanken h?fig zwischen +30 ?C ?er Mittag und 0 ?C in der Nacht.

Kein Wunder also, dass die Hochgebirgslandschaft immer nur d?n besiedelt war. Das Hochgebirge mit seinen eingelagerten W?ten und Steppen ist keine Paradieslandschaft, in der Menschen gerne siedeln. Es wurde deshalb h?fig nur als Zufluchtsort bedr?gter V?ker genutzt, die dort ? in gro?n, nat?lichen Festungen ? die Zeitl?fe und die Kriege um das wertvollere Siedlungsland ?erlebten. Kein Wunder also auch, dass die Bev?kerung dieses langgestreckten Hochgebirgsstreifens genauso zusammengew?felt ist wie in ganz Eurasien: An den Nordh?gen und in den angrenzenden winterkalten Trockensteppen finden wir die verschiedensten sog. Turkv?ker, die in den gro?n V?kerwanderungszeiten aus Vermischungen europider und mongolider St?me entstanden sind: die Ungarn, T?ken, Tataren, Kirgisen, Kasachen, Usbeken, Turkmenen, Uiguren. Im Westen und S?westen siedeln die ?wei?n? Europoiden: die Europ?r, Kurden, Iraner, Afghanen, Tadschiken, Pakistani, Inder. Und im Osten bis zum Hindukusch leben die ?gelben ?Mongoloiden?: die Tibeter, die Mongolen, Burj?en, Chinesen und die Khmer.

Im gesamten Gebiet des eurasischen Hochgebirgsstreifens finden wir heute also ein buntes Gemisch der verschiedensten V?ker. Jedes Volk hat seine eigene Geschichte, Sprache und Kultur, seine eigenen tradierten ?erlebensstrategien. Viehz?hter und Hirten sind sie aber zum Gro?eil geblieben. Sie leben, je nach Klima und H?enlage, von der Zucht von Schafen, Ziegen, Pferden, Kamelen oder Yaks. Der Ackerbau spielt im Gebirge und in den Trockensteppen bis heute nur eine Nebenrolle.

 Tibetische Nomaden beim Melken der
  Schafe

So verschieden die Menschen und Kulturen im Hochland und im Gebirge auch sind, Hundehalter sind sie alle. Und ihre Hunde sind untereinander ? von den Pyren?n bis ins Tibetische Hochland ? alle ziemlich ?nlich:

Es sind mittelgro? bis sehr gro? Hunde, schwerknochig und bed?htig. Aber sie sind gel?deg?gig wie Gemsen und auch so anspruchslos in Haltung und Pflege. Sie sind alle mehr oder weniger zotthaarig, mit einem nat?lichen Fellpanzer versehen. Sie haben kurze dreieckige H?geohren und sehr mitteilsame buschige Schw?ze, die sie in Erregung hoch ?er den R?ken rollen. Sie sind schwarz oder wei? rotbraun, grau oder golden oder alles zusammen. Von Charakter her sind sie lebhaft, selbst?dig und vertr?lich, aber mit einem erheblichen Dickkopf und einer gewissen Natursch?fe versehen. Alle zeigen noch viel urt?liches Verhalten und keinerlei Angst vor m?htigen Gegnern, vor Gro?atzen, W?fen, B?en. Diese Eigenschaften waren es wohl auch, auf denen sich ihre Beziehung zu Menschen aufbaute. ?erall von den Pyren?n bis nach Tibet treffen wir sie als Schutz- und Wachhunde der ans?sigen Hirten und Viehz?hter. Und es ist sicher nicht ?ertrieben anzunehmen, dass das ?erleben der Menschen in diesen ?wilden? Gegenden erst mit Hilfe dieser kr?tigen, eigenwilligen Hunde auf Dauer m?lich war.

Blue & tan - farbener Do Khyi - ein Nomaden-
und Berghund








Bildquelle, Kynos Atlas, Kynos Verlag

Eine gezielt Zucht betrieben die Hirten nie. Bis heute hat jede Gegend ihre ?Regionalrasse?, die sich von anderen Gegenden unterscheidet: Je k?ter das Klima, je gr?er die nat?lichen Fressfeinde, desto langhaariger, gr?er sind die Hunde. Auch die alteingesessenen Hunde aus dem Hochgebirgsg?tel unterlagen der ?nat?lichen Auslese? und mussten mit dem Klima und ihren Mit-Konkurrenten auskommen.

Woher nun diese ?urt?lichen? Hunde kamen und welche modernen Rassen zu ihnen z?len, dar?er streitet man sich, seit es Kynologen (=Hundeforscher) gibt. Waren die ersten ?Berghunde? ? wie wir sie hier einmal ganz vorsichtig und allen Streit vermeidend nennen wollen ? eigens zur Wolfsabwehr gez?htete ?Sch?erhunde?? Oder waren sie Schlittenhunde, welche die Menschen von Norden her mitbrachten und die im Gebirge alle Schlittenhundeigenschaften verloren? War der erste Berghund der albanische ?wei?? Molosser? Oder stammen sie alle von der schwarzen Tibet Dogge (=Do Khyi) ab?

Aus den bis heute als Hunde anerkannten fr?- und vorhistorischen Knochenfunden l?st sich keine Antwort ableiten. Als die ?testen Funde einer ?gro?n wolfs?nlichen (!) Hunde-Rasse der Vorzeit? gelten die, welche man in r?ischen Soldatenlagern fand. Man fand diese Hunde immer am hinteren Ausfalltor, der porta decimana Und so gab ihr Entdecker diesen Hunden den Namen ?Lagerhund?. Gro? Hunde ?Berghunde?, die ?ter sind als die r?ischen Lagerhunde sind bis heute offiziell nicht bekannt geworden. Wenn man den Ausgr?ern und ihren zoologischen Beratern trauen darf, gab es bis zur R?erzeit (ca. 300 v.u.Z. ? 300 n. u. Z.) weltweit nur kleine Hunde und gro? W?fe.
Doch solche Aussagen darf man getrost bezweifeln:

Niniveh Lehmfigur 650 v Chr.

Im ca. 8500 Jahre alten Jarmo im Irak fand man kleine Lehmfig?chen: zottige Hunde mit kurze, breiter Schnauze, mit Schlappohren und hoch geringeltem Schwanz, in denen man unschwer kleine, primitive Abbilder langhaariger Berghunde erkennen kann. Und im 8000 Jahre alten s?t?kischen Catal H?? grub man die Statuette einer Muttergottheit aus: Sie sitzt auf einem Thron und neben ihr, rechts und links, sitzen ? in typischer W?hterpose ? zwei riesige, b?ige Hunde ? keine W?fe. Die Sumerer (2800 ? 2360 v.u.Z.) bezeichneten in ihrer Keilschrift den L?en mit dem Wort ? Gro?r Hund?  (Anmerkung R.R. denken wir einmal an den Tibetischen Begriff ?L?enhunde?). Und das ist ein Hinweis darauf, ?dass der zur Vergleichung verf?bare Hund ein Tier von ann?ernd ?nlicher Gr?e? ? oder imposanter Kraft ? ?gewesen sein muß“, wie Strebel (1904/05) meint. 

In Ninive (704 ? 612 v.u.Z.) und Babylon (1700-539 v.u.Z.) zwischen Euphrat und Tigris fand man kleine Tonbilder, auf denen kr?tige, zottige Berghunde dargestellt sind. Sie geh?ten zu kultischen Krankheits-Austreibungen. Die dargestellten Hunde sind weit feiner stilisiert als die Hunde von Jarmo (s.o.), aber sie sind ihnen genauso ?nlich wie modernen Hirtenhunden.
 

Assyrisches Wandrelief Palast v. Ashurbanipul
700 v.Chr. - schwere Jagd-/ Hatzr?en

In Ninive und in Babylon finden wir dann allerdings auch neben den alten, zottigen zum ersten Mal kurzhaarige Berghunde, die man wohl als Jagd- Kampf- oder Kriegshunde z?htete und aus denen sicherlich die Vorfahren unserer modernen Doggen, Boxer, Mastiffs, Rottweiler entstanden sind.

Assyrisches Relief 640 v.Chr.
kurzhaariger Kriegs- oder Jagdhund

Der erste schriftliche Hinweis auf einen gro?n Berghund stammt aber aus China: Im Jahre 1121 v.u.Z. soll das Volk der Liu dem ?gro?n Protektor des K?igreiches? einen Hund geschenkt haben, der war 4 Fu?hoch (=ca. 1,20 m.).

Marco Polo?s Reiseroute Route von Marco Polo 1273 bis 1290,
das Hochplateau von Tibet und den Transhimalaya hat er umgangen, Tibet
selbst nie gesehen .....
Ob seine Schilderung der Tibetdogge vom "H?ensagen" aus Erz?lungen der Mongolen und Chinesen stammt ?

gar manche seiner Schilderungen werden heute von Wissenschaftlern als Wiedergabe von Legenden der Einheim-  ischen gesehen.




Bildquelle:National Geographic 6/2001

Marco Polo, Weltreisender aus Venedig (1254-1324), berichtet dar?er und sagt selbst: ?Das Volk der Tibeter ist eine schlecht beschaffene Rasse, sie halten Doggen, so gro?wie Esel, die vorz?lich zur Jagd wilder Tiere sind, namentlich der wilden Ochsen (Yaks). Marco Polo hat sicher ?ertrieben. Mit ca. 65 cm Schulterh?e ist die Tibetdogge (Do Khyi) kein Riese unter den Berghunden, auch wenn ihre ca. 50 kg (Anmerkung: R?e) schon Eindruck machen. Er kolportiert hier einfach nur das erste Ger?ht, das sich um die Berghunde rankt und das sagt:

 die Berghunde sind furchtbare, gef?rliche Riesen

Das zweite Ger?ht sagt:

 Der Berghund ist ein ?Greif?
 

ein Greif  ?  oder die Entmystifizierte Zeichnung eines
Greifes - eine der wohl besten bildlichen Darstellungen
des 18. Jahrhundert

Ktesias, griechischer Historiker und Arzt am persischen Hof schrieb 405 v.u.Z. eine uralte vorderasiatische Sage als gesichertes Wissen um und sagte: In den hohen Bergen wohnen die sog. ?Greife?. Sie sind gefl?elte Hunde, gro?wie W?fe (Anmerkung: Grauwolf Risth?e 70 ? 80 cm.),   mit Klauen wie L?en, und am ganzen K?per mit schwarzen Federn bedeckt, welche nur an der Brust rotgelb gef?bt sind ( Anmerkung: vermutlich black & tan Farbe im Zotthaar). Infolge der Wachsamkeit dieser Tiere f?lt es schwer, diese Berge zu besteigen. Aus den grimmigen Berg-W?hter-Riesen wurden also mit der Zeit magische Adler-L?en. Und damit war der Grund zum dritten Ger?ht schon gelegt, das besagte:

Der Berghund ist ein Tigermischling

Dieses Ger?ht stammt von Aristoteles (384-322 v.u.Z.), der die Hunde nur vom H?ensagen kannte. Aelian (170-235 v.u.Z.) schrieb dann von ihm folgendes ab:
 

Canis Indica,Canis pastoralis, Indische Hunde nach
Johann Honstonus, 1672

Die sog. ?indischen Hunde?, die Tibeter, werden von ihren Herren an B?me gebunden und allein gelassen. ?Sto?n nun Tiger auf diese Hunde und sind sie gerade hungrig, dann zerrei?n sie die Hunde. Kommen sie hingegen ges?tigt herzu, so lassen sie sich mit den Hunden ein.........

Die n?hste Brut aber von diesem Tiger und einem Hund folgt der Mutter... und wird ein Hund. Solche Hunde nun, die sich der Abkunft von einem Tiger r?men d?fen, verschm?en es den Hirsch zu jagen oder mit einem Schwein anzubinden. Den L?en hingegen fallen sie an und geben dadurch ihre fr?ere Abkunft zu erkennen? Und dann folgt die altbekannte, sadistische, blutr?stige Geschichte von einem Hund der einen L?en ?w?gte? und auch nicht loslie?als man ihm nacheinander Schwanz, alle vier Beine und schlie?ich den Kopf abhackte.

Das vierte Ger?ht ist weniger blutr?stig, es meldet:

Die Berghunde sind Drachen.

Columnella (ca. 50 n.u.Z.), r?ischer Agrarier der Kaiserzeit, schreibt: ?Als H?er des Hofes mu?man einen gro?n, m?htigen Hund w?len, der eine laute und tiefe Stimme hat, damit er schon durch sein Gebell und seinen Anblick die ?elt?er in die Flucht schl?t. Er soll einfarbig sein und zwar wei? wenn er bei der Herde, schwarz, wenn er im Hof verwandt wird... Der Kopf ist so m?htig, dass er als der gr?te Teil des K?pers erscheint, die Ohren sind heruntergeklappt und h?gen vorn ?er, die Augen sind schwarz oder grauschillernd und stechend; die Brust ist breit und zottig, die Vorderhand kr?tig... solche nennen die Griechen Dragoi, Drachen?. ?er Zucht und Haltung dieser ?Drachen? wird nichts gesagt. Es hei? nur, man soll sie beim Hirten kaufen, und man soll ihnen 14 Tage nach der Geburt den Schwanz kupieren.

Feld- oder Hatzr?e
Germanischer B?enhund

?er Zucht und Haltung steht dann aber etwas in der altpersischen Avesta, den Heiligen B?hern der Parsen, die zwar erst vor 1500 Jahren schriftlich niedergelegt wurden, denen aber mit Sicherheit eine ebenso lange, wenn nicht l?gere, m?dliche ?erlieferung vorausgeht: ?Den Hund, ? sagt der Sch?fer zu seinem Propheten Zarathustra, ?lie?ich sein eigen nat?lich Gewand und sein eigenes Schuhwerk haben; ich machte ihn zu einem eifrig wachenden, scharfbei?nden, der seine Nahrung von den M?nern abbekommt, damit er auf die Anwesen acht gebe? Wolf-Hund Mischlinge aber, so hei? es weiter, m?sen get?et werden. ?Auf der einen Seite werden Hunde geworfen: t?lich gleichsam f? Haus und Hof; und die nun werden sch?licher und verderblicher und f? Haus und Hof gef?rlicher als  sonst der Hund es ist, auf der anderen Seite werden W?fe geworfen: t?lich f? Haus und Hof, und die werden sch?licher und verderblicher und f? Haus und Hof gef?rlicher als sonst W?fe es sind.? Man sieht, die Menschen haben offensichtlich schon sehr fr? negative Erfahrungen mit Wolfseinkreuzungen gemacht und haben solche ?Blendlinge? lieber get?et. Das f?fte Ger?ht, das besagt:

 Alle Berghunde, Hirtenhunde, sind ?wolfsbl?ige Sch?erhunde?

Das darf man getrost ins Reich der Fabeln verweisen ? genauso wie alle anderen oben genannten Ger?hte auch.

Was sind die Berghunde nun aber wirklich und wie lebten und leben sie?

Dar?er gibt es, wenn auch sp?liche Berichte: In alten germanischen ?Weist?ern? werden diese Hunde ?Schafhunde?, ?Schafr?en?, ?Feldr?en?, ?Indische Hunde? oder ?Hirtenhunde? genannt. ?Schafhunde? (russisch Owtscharka) sind aber keine Sch?erhunde. Sie h?en nicht auf Anordnung und Gehei?des Sch?ers. Sie wachen nur, selbst?dig und ohne Anweisungen. Sie bringen Schafe, K?e, Yaks nirgends hin, sie bleiben in ihrer N?e ?wandeln? mit und passen auf. Sie sind die Hunde, ?die den Wolf bei?n, ihm das Vieh aus dem Maul nehmen und auf das Geschrei, das von den Landleuten beim Erscheinen des Wolfes erhoben wird, sofort auf weite Entfernung hin zu Hilfe eilen.

Hierzulande geh?ten diese Hunde zur Standardausr?tung des wandernden Hirten und des sesshaften Bauern auf dem einsamen Hof. Mit dem Verschwinden der W?fe und B?en, mit dem Niedergang der freien Hirten und der Bauern, mit der Durchsetzung des f?stlichen Machtmonopols im Absolutismus, verschwanden diese W?hter pers?licher Freiheiten mehr und mehr. Ihre Rolle bei den Herden ?ernahmen die leichteren, f?rigeren Sch?erhunde und auf den H?en die kleineren ?Mistbeller? und ?Rattler?.
 

Tibetanischer Hund, Zeichnung nach William Youatt,
im Jahr 1850.

Doch in anderen L?dern blieben sie und ihre Funktionen erhalten. Der englische Weltreisende Youatt berichtet 1845: ?Der Hund wird auf dem Tafelland des Tibet begrenzenden Himalayagebirges gez?htet. ?Die M?ner kommen zu verschiedenen Jahreszeiten in die Niederungen herab, um Borax, Moschus u. dergl. zu verkaufen. Die Weiber bleiben daheim, und sie und ihre Herden m?sen unter Umst?den energisch durch diese Hunde verteidigt werden. Sie sind die Besch?zer fast jeder gr?eren l?dlichen Besitzung.?

Samuel Turner beschreibt um 1800 seine Erlebnisse mit den tibetanischen Hunden: Er ?traf auf einen Haufen tatarischer Hirten, die immer in Zelten leben und nichts tun, als ihr Vieh zu weiden... In einem der elenden D?fer strich ich aus Neugier zwischen den H?sern herum, und da ich alles ruhig fand, ging ich in eine steinerne Einfassung... So wie ich eintrat, sprang zu meinem Erstaunen ein gro?r Hund auf, der wenn sein Mut seiner Gr?e gleich kam, stark genug war, mit einem L?en zu fechten. Er hielt mich mit seinem tobenden Bellen an dem Gatter zur?k, und ich war anfangs sehr erschrocken, da ich mich aber an die Feigheit (!) der Hunde erinnerte und wusste, dass sie nur dann mutig sind, wenn sie bemerken, dass man sich vor ihnen f?chtet, stand ich still....

?nliche Erfahrungen machte der ungarische Graf Bela Szechenyi in Tibet:

?Auf einer Exkursion in einem Tale erblickte ich gegen Abend ein Licht und h?te Hundegebell....kaum war ich einige hundert Schritt vorw?ts gegangen, da umringten mich pl?zlich f?f tibetanische Hunde. Ich glaubte meinen letzten Augenblick gekommen...

Man sieht wie die Ger?hte ?er die riesigen, tigergleichen Drachen-Greife mit Wolfsblut wohl entstanden sind. Graf Szechenyi lie?sich trotzdem nicht entmutigen. Er kaufte drei dieser ?Bestien? und wollte sie nach Europa einf?ren. Er hatte allerdings keinen gro?n Erfolg damit.

Und wie seinen Hunden, so erging es auch allen anderen importierten Tibet-Doggen: Sie starben immer wieder fr? ? an falscher Haltung und zuviel nasskaltem Wetter. Oder sie landeten hinter Gitterst?en in Zoologischen G?ten. Die Europ?r hatten offensichtlich den Umgang mit diesen selbst?digen, wehrhaften Hunden verlernt.

Da?aber diese Hunde keine ?Drachen? sind und dass man mit ihnen auch als Fremder zurecht kommen kann, das beschreiben andere Weltenbummler. Schlatter z.B. berichtet von den nogaischen Hunden am Asowschen Meer, einer nur mittelgro?n, aber doch recht durchsetzungsf?igen Lokalrasse. Er empfiehlt folgendes:

-   Man nimmt sich einen Tartaren in der Landestracht als Begleiter mit. Der kommt mit den Hunden zurecht und die mit ihm.

-   Man geht als Fremder, langsam und h?t einen langen Stock hinter sich. Die Hunde packen gew?nlich von hinten und bei?n dann in den Stock.

-   Man tut wohl, wenn man ihnen etwas Speise zuwirft, womit sie sich besch?tigen, bis man ein Haus erreicht hat.

-    Man darf sie nie schlagen, sonst kommen auf das Geheul des getroffenen Hundes alle Hunde des Dorfes zusammen, und die Sache wird ernster als zuvor.

-   Man setzt sich einfach hin. Der sitzende Mensch... erregte nur ihre Neugier. Sie bildeten einen Kreis um ihn, be?gten ihn verwundert und liefen dann ohne Erregung auseinander.

Wir sehen: die ?Drachen? sind ganz sanft, wenn man sie sanft behandelt. Sie antworten nur ? auf Aggression mit Aggression, auf Gleichg?tigkeit mit Gleichg?tigkeit, auf Freundschaft mit ruhiger Duldung. Solche ?sanften Drachen?, die nur ihr Anwesen bewachen, kann man heute als Urlauber im eurasischen Hochgebirgsstreifen noch ?erall antreffen.
Wir selbst trafen so einen in den Pyren?n: Er hatte sicher keine international anerkannte Ahnentafel, und jeder Z?hter h?te ihn als ?Fehlfarbe? aussortiert. Aber er war ein Pyren?nberghund, so wie es sie sicher schon seit Jahrtausenden gibt. Er bewachte den Campingplatz, das Hotel und seine ?patronne? mit gelassener Aufmerksamkeit. Er b?delte mit niemandem an, duldete sogar fremde Hunde und war den ganzen Tag kilometerweit unterwegs, von Aussichtsplatz zu Aussichtsplatz, um sein Reich zu kontrollieren. Seine patronne verlor er dabei allerdings nie aus den Augen. Hatte man etwas mit ihr zu bereden, so war er ? wie aus dem Boden gewachsen ? pl?zlich da, ganz ruhig, ganz sanft. Aber unmissverst?dlich. Die gro?n Schweizer Sennenhunde sollen eine Regel aufgestellt haben, die sagt: ?Es ist verboten mit der Sennerin zu tanzen.? Der Berghund in den Pyren?n schien ?nliches im Kopf zu haben.

 In dieser Funktion ? als selbst?dige W?hter und Besch?zer ? finden wir die Berghunde heute noch in den Pyren?n, in den Alpen, in der Tatra, im Kaukasus, in Anatolien, Kurdistan und Tibet. ?erall werden sie als Wach- und Schutzhunde gehalten. Und damit sie diesen Job auch gut erf?len, werden sie ordentlich versorgt. Schon in der altpersischen Avesta wird eine Pflegeanleitung aufgestellt: ?Hervorgeholt werde Milch und Fett samt Fleisch, man es dem Hunde als Speise bringe, so ist seine geh?ige Mahlzeit.? Und eine ?nicht wieder gut machbare Tat? ist es, diesen Hunden ?nicht verkleinerte Knochen oder zu hei? Speisen?  zu geben. Denn ?wenn die Knochen ihm zwischen den Z?nen stecken bleiben oder sich im Hals festsetzen, oder wenn ihm die zu hei?n Speisen Maul oder Zunge verbrennen, so werden die T?er dadurch verwirkten Leibes.?

Der r?ische Dichter Vergil schreibt in seinen Hirtengedichten:

??er allem vergesse mir nicht die Pflege der R?en.

F?tre mit Molken und Brot. Wenn die deine St?le bewachen,

F?chtest du weder den Wolf noch n?htlich schweifende Diebe,

Noch den verwegenen ?erfall iberischer R?ber.?

Tibetische Nomaden bei der "Schur" das hei?
dem Ausk?men der Schafwolle.

Und auch die Hunde der eher armen Hirten in Tibet werden Berichten zufolge gut gen?rt ? mit Fladenbrot, Maismehl und Ziegen- oder Schafsmilch.
 

Thanka Darstellung Heldenk?ig Gesar von Ling
"Die K?ige von Tibet"
Fu?eil Darstellung Vieh der Nomaden und
Raubtiere unter dem Schutz des Do Khyi


Waren bei den Dingos, Parias die gut gehaltenen, gut ern?rten Hunde die Ausnahme, so scheint es bei den Berghunden genau umgekehrt zu sein: Fast ?erall werden die Berghunde wohl versorgt und gepflegt. Diese Tatsache und die geachtete W?hter-Position der Hunde, die im deutlichen Gegensatz zur sonst ?lichen Rolle der vierbeinigen namenlosen ?M?labfuhr? steht, erscheint auf den ersten Blick als nicht gerade ?primitve?, Beziehung zwischen Menschen und Hunden. Hier scheint so etwas wie ein Vertrag vorzuliegen mit dem Inhalt: Du passt auf meine Sachen auf und verteidigst sie, und ich gebe dir daf? dein Fressen und mein Vertrauen. Aber so neumodisch wie dieser Vertrag auch aussieht, vom Hund aus gesehen mu?er nicht so unbedingt neumodisch sein. Man kann Hunde nicht pr?en wie Graug?se, sie lernen und verlernen ihr Leben lang, wie alle modernen S?getiere. Aber junge Berghunde (und ihre modernen Nachkommen, die Hirten-, Sennen-. Treibhunde und Doggenartigen) lernen ?licherweise in den ersten vier Lebensmonaten ?ihr? Rudel ganz pers?lich kennen. Und sie unterscheiden dann ?ihr? Rudel von allen anderen: Sie lieben ?ihre? Katze und jagen die anderen, sie lieben ?ihre? Leute und sind Fremden gegen?er misstrauisch bis abweisend. Dieser Charakterzug ? ?gutm?ig gegen seine Hausgenossen?, aber ?gegen Fremde abweisend? das ist bis heute allen noch unverz?hteten Berghunden eigen. Diesen Charakterzug sagen ihnen die Menschen nach, seit sie Berghunde kennen, und diesen Charakterzug haben die Menschen an ihren Berghunden immer gesch?zt.

Entnommen aus: ?Vom aufrechten Menschen zum Hundehalter
? 500.00 Jahre Ko-Evolution und Kulturgeschichte von Mensch und Hund

Autoren: Gudrun Beckmann & Susanne Beckmann?, mit freundlicher Genehmigung von Frau Gudrun Beckmann und dem TG-Verlag Ulrike Beuing GmbH, 35392 Gie?n.

ISBN 3-929301-02-4

 

Ruth Reheuser  05/2001

 

    Zur?k       Nach oben 

do khyi, tibet dogge, tibet mastiff, tibethund, tibet, herdenschutzhund, urhunderassen, nomadenhunde, hundehandel, kynologie, wolf, berghund, rassehunde, tibetan mastiff, gebrauchshunde